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Jörg Liebenfelß (Georg Felicetti von Liebenfelß)

geb.: 17.02.1930 in Graz. Matura am Humanistischen Gymnasium, abgebrochene Bildhauerlehre, danach Ausbildung am Max Reinhardt-Seminar Wien.
Frühes Interesse für Kunst und Literatur.

Tätig als Schauspieler und Autor. Engagements an ersten deutschen Bühnen: Hamburg, Berlin, Wien, Göttingen, Düsseldorf, Stuttgart.

1964 und 1966 Ostasien- und Welttournee mit dem Goetheinstitut.
TV-Rollen und Filmarbeit u.a. mit R.W. Fassbinder („Wildwechsel“) und Maria Schell („Spiel der Verlierer“)

Autor von 20 Hörspielen, Jugendromanen, SF-Storys, Theaterstücken und Filmtreatments
(„Der Mann, der Adolf Hitler verklagte“).
Seit 1970 ständiger Wohnsitz in Deutschland, verheiratet, eine Tochter.

Hobbys: Reisen, Lesen und Fotografieren.


Jörg von Liebenfelß  - REISEN ZU SICH SELBST

Graz, Landhaushof.  Unter den Renaissance-Arkaden stand ich plötzlich meinem Theateridol gegenüber: Werner Krauss saß in der Mittagshitze einsam auf einer schattigen Bank. Er gab in meiner Geburtsstadt ein mehrtägiges Gastspiel.
Ohne ihn um ein Autogramm zu bitten, gestand ich ihm in einem Anfall tollkühner Naivität, dass ich auch Schauspieler werden wolle.
Krauss musterte mich mit seinen Fischaugen und gab schließlich ein „Aha" von sich. Ende des Dialogs. Doch selbst in diesen drei Buchstaben schien Magie zu walten, wertete ich sie doch als Zustimmung für meinen Berufswunsch.
Ein Jahr später machte ich das Abitur. Und genau zehn Jahre nach der ersten Begegnung spielte ich mit diesem grandiosen Schauspieler meine erste Rolle am Burgtheater. Ursprünglich wollte ich Bildhauer werden. Ich wollte einen überlebensgroßen Golem aus Ton modellieren...bis ich mich selbst als „Knetmasse" entdeckte. Seither versuche ich Menschen und Charaktere zu modellieren, die Schriftsteller und Dichter erfunden haben.
Als meine Tochter klein war, verkündete sie stolz, dass ihr Vater „Schaukelspieler" sei. Dieser Begriff aus Kindermund beschreibt bis heute symbolisch meine Situation: Das schwingende Auf und Ab, nicht nur im Spiel des täglichen Lebens, sondern auch bei jeder Arbeit als Autor oder an einer neuen Rolle, bei der man sich selbst den Anschwung geben muss, um die innere Bequemlichkeit zu überwinden.
Die von mir verehrte Brigitte Horney sagte mir während einer Amerikatournee: „Seid lieb zueinander, man trifft sich immer wieder." Sie konnte liebenswürdig und bezaubernd sein, aber auch eisig kalt, wenn es um Unprofessionalität ging. Ich habe daraus eine Lehre fürs Leben gezogen.
Apropos Theatertourneen: Zwei von vierzehn werden mir immer im Gedächtnis bleiben: 1964 hatte ich das Glück im Auftrag des Goethe-Instituts mit einem Ensemble (u.a. mit Judith Holzmeister) nach Fernost zu reisen. Burma, Kambodscha, Afghanistan und Indien, die mir die bleibendsten Eindrücke vermittelten, machten mich zu einem großen Bewunderer und Liebhaber asiatischer Kunst.
1966 ging es dann mit dem Deutschen Ensemble für Obersee — „Die Brücke" — auf Weltreise, bei der ich auch auf der anderen Erdhälfte als Antipode mit dem Kopf nach unten auf der Bühne stand.
Jan Gebser schrieb: „Der schnellste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum "
Nach Zeiten der Unruhe und Reiseabenteuer war es von existenzieller Wichtigkeit in den Hafen heimzukehren, den einem die Familie bot. Außerdem erlebe ich immer wieder, dass mich wertvolle Erinnerungen in Stunden des Selbstzweifels und der Mutlosigkeit wie ein Stützkorsett aufzurichten vermögen.
„Und was machst Du, wenn du nicht Theater spielst?", lautet eine oft gestellte Frage.
Ich versuche meine Fantasie wach zu halten, indem ich schreibe. Nur wenn die Fantasie wach und lebendig bleibt, können wir — meine Kolleginnen und Kollegen - auf der Bühne die Gestalten zum Leben erwecken, mit denen wir auch die Fantasie unseres Publikums anregen möchten. Denn Theater heißt für mich über die Rampe hinweg geben und nehmen, nehmen und geben.

(Gekürzter Beitrag aus dem Programmheft zu „General Quixotte oder „Der verliebte Reaktionär" von Jean Anouilh, Altes Schauspielhaus Stuttgart, März 1999)
© Jörg von Liebenfelss

 

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updated 16.06.2013 | © 2009 ab-design.de    
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